Samstag, 25. März 2017

Aarhus-Konvention: Greift das Landesverwaltungsgericht der Landesregierung vor?


Am Freitag, 24. März 2017, von 09:00 bis 14 Uhr, verhandelte das Vorarlberger Landesverwaltungsgericht die Beschwerden von vier Naturschutzorganisationen, und drei Privatiers, darunter der Bauwerber selbst (!) gegen den positiven Baubescheid der BH-Bregenz im Natura 2000 Gebiet am Rohrspitz. 

Dabei geht es um weit mehr als den geplanten Ausbau.

Es geht auch darum, ob das Gericht der Regierung vorgreift und den Beschwerdeführern Parteistellung im Verfahren zugesteht. 

Gem. Aarhus-Konvention hätten die Organisationen dieses Recht. Österreich hat diese Konvention bereits 2005 ratifiziert. 
Doch die Länder, auch Vorarlberg, sind säumig bei der Umsetzung. Dieselbe Wirtschaft, die öffentlich über die Bevorzugung des Naturschutzes jammert, sorgt hinter verschlossenen Türen dafür, dass sich an ihrer eigenen Bevorzugung nichts ändert. 

Die Vorzeichen sind allerdings denkbar schlecht

Während der Europäische Gerichtshof die Rechte der Bürger zum Schutz von Ressourcen ausdehnt, herrschen in Vorarlberg nach wie vor veraltete Strukturen.

Die für das Verfahren bestellten Gutachter sind dieselben, die für den positiven Baubescheid verantwortlich sind. 

Ein Schwachpunkt im System, der längst behoben gehört.

Schikane oder schlechte Organisation?

Bezeichnend war auch die Ladung zur Verhandlung ins Restaurant des Bauwerbers am Rohrspitz. 
Nur durch massive Proteste konnte Präsident Brandtner davon abgebracht werden -um stattdessen in einen viel zu kleinen Raum des Gerichtes zu laden, aus dem er alle stehenden Zuschauer verweisen wollte. 
Wir weigerten uns jedoch zu gehen. Und so wurden schließlich weitere Stühle herangeschafft.

"Vorläufige Rechtsmeinung"

Zu Anfang der Verhandlung verkündete Brandtner, dass seiner „vorläufigen Rechtsmeinung“ nach, den Naturschutzorganisationen Parteistellung zustünde. 

Der weitere Verlauf der Verhandlung legte allerdings den Verdacht nahe, dass diese „vorläufige Rechtsmeinung“ die Phase bis zur Verkündung des Urteils in 2-3 Wochen eher nicht überdauern würde….

Entsprechende Anträge von Rechtsanwalt Fussenegger wurden jedenfalls sofort niedergebügelt. 
Landesverwaltungspräsident Brandtner, übrigens ein politisches Ziehkind Sausgrubers, wies außerdem die Expertise der Naturschutzanwältin zum Thema der kumulativen Wirkung zurück. Er ignoriert damit den Leitfaden der FFH-Richtlinie für Natura 2000 Gebiete zugunsten seiner eigenen, simplen Auffassung, dass die Erhebung der kumulativen Wirkung nur Einflüsse umfassen könne, die im direkten Zusammenhang mit dem beanstandeten Projekt stehen. 

Lagerdenken

Bezeichnend war auch, dass sämtliche geladenen Vertreter der Behörden aufseiten Salzmanns saßen und (inhaltlich) standen. 
Die bestellten Gutachter, bestätigten - erwartungsgemäß - nur die Aussagen aus dem Baubescheid. 
Geradezu lächerlich war hierbei der Gutachter für Medizin, der für sein Lärmgutachten ende Februar (also weit außerhalb der Saison) vorort war, um Gehörproben zu entnehmen, die er tatsächlich als Grundlage für seine Einschätzung heranzog. (Positiver Nebeneffekt: Wenigstens erwähnte er die tatsächlich zunehmend erhebliche Störwirkung des Flugverkehrs.)

Die erfreuliche Ausnahme auf Behördenseite war der Sachverständige f. Naturschutz, Hellfried Niederl.
Im Rahmen seiner Befragung stellte sich heraus, dass er sehr wohl wusste, dass die Container, 
deren Entfernung er in seinem Gutachten als landschaftsbildliche Verbesserung bemühte, gar nicht bewilligt 
waren (also längst entfernt sein sollten)
Außerdem stellte er fest, dass der Neubau NATÜRLICH zu mehr Verkehr führen würde (ein Umstand, den er im Gutachten noch bestritt),
dass ihm natürlich lieber wäre, wenn dort unten keine solche Anlage wäre, 
und dass der Verkehr eingedämmt werden müsse - wofür es auch schon mehrere - erfolglose - Anläufe gab. 
(daraufhin kam von der BH Bregenz der Einwurf, dass man realisierbare Vorschläge hierzu gerne entgegennähme - Wir verstehen das als Einladung. Konkreteres in Bälde.)
Die vom Bauwerber selbst erhobene Beschwerde gegen die im Bescheid gemachten Auflagen zu freilaufenden Katzen und der Entfernung von Wohnwägen im Winter wurden zurückgezogen.
Womöglich waren sie nur ein Vorwand, um an der Verhandlung teilnehmen zu können.

Kein Verständnis

Dass Salzmanns Architekt Jürgen Hagspiel aus Lingenau auch nach sämtlichen Ausführungen in seinem Schlusswort keinerlei Verständnis für den Naturschutz zeigte und stattdessen unterstellte, wir würden doch nur Bagatellen vorbringen, ist ein Armutszeugnis. Wieso plant ausgerechnet so jemand ein Projekt in einem Natura 2000 Gebiet?


Jetzt warten wir gespannt auf das schriftliche Urteil zur Verhandlung, das bis spätestens 7. April ergehen sollte.

Im Interview mit dem ORF behauptet Salzmann, der Naturschutzsachverständige habe bestätigt, dass der Neubau eine Verbesserung "für alle" sei und zeigt damit erneut, wie fern der Realität seine Wahrnehmung ist. 
Dass der Fußacher Bürgermeister laut eigener Aussage nichts versteht, zeugt v.a. davon, dass er längst rücktrittsreif ist.



Sonntag, 19. März 2017

Wenn Naturschutz und Umweltpolitik im Wirtschaftsressort formuliert wird


Kommentar von Arnulf Häfele, in den Vorarlberger Nachrichten vom 20. Jan 2017

Lug und Trug im Umweltschutz



Manche fanden es lustig. Ein kanadischer Insektenforscher hat gerade eine bisher unbekannte Mottenart nach Donald Trump benannt, der heute als amerikanischer Präsident angelobt wird. Die gelblich-weißen Schuppen auf dem Kopf erwachsener Männchen seien besonders auffällig. Der Forscher sah darin eine Ähnlichkeit mit der Haarpracht Donald Trumps, sodass er sich entschloss, der neu aufgetauchten Motte den Namen Neopalpa donaldtrumpi zu geben. Er will damit den zukünftigen US-Präsidenten aufrütteln, dem die Erhaltung der Natur und der Umweltschutz nichts bedeuten und der damit Amerika in eine desaströse Zukunft führen könnte.

Mir ist die Motte im Halse stecken geblieben. Denn unsere Landespolitiker sind in Sachen Natur- und Landschaftsschutz nicht viel besser als ihr mögliches amerikanisches Vorbild. Ein einziger Unterschied besteht: In Vorarlberg wird bei umweltpolitischen Problemen zur Wahrung der Fassade noch ein möglichst langes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Das Ergebnis aber steht meistens schon vorher fest. Vor vierzig Jahren wurde in Vorarlberg die Landesgrünzone geschaffen. Damit sollten ein leistungsfähiger Naturhaushalt und die räumlichen Voraussetzungen für die Landwirtschaft für alle Zeiten gesichert werden. Die aktuelle Generation der Regierungsmitglieder einschließlich der Grünen hat den Pfad der Gründerväter aber leider verlassen. Heute gleicht die ehemals strenge Grünzone einem Schweizer Käse.


Wachsende Betriebe müssen in den Gewerbezonen unterkommen. Da braucht es manchmal Verhandlungsgeschick und Einsatz der Politiker. Heute ist die Grünzone zu einer Reservebank für Betriebsansiedlungen verkommen. So ist es, wenn Naturschutz und Umweltpolitik federführend im Wirtschaftsressort der Landesregierung formuliert werden. Hinter der Vorarlberger Naturschutzpolitik stehen oft auch Lug und Trug. Die Bürger wollen von der Politik aber einen ehrlichen Einsatz für die Erhaltung der Natur. Falls wieder einmal eine unbekannte Motte auftritt, gäbe es auch bei uns einige Anwärter für ihren Namen.